Gastbeitrag: Hört endlich auf!

15.04.2019 | von: Laura | Kategorie(n): Gedacht

Für den heutigen Gastbeitrag geht unser Dank an Clara. Sie berichtet in ihrem Artikel von Nachhaltigkeitskommunikation und davon wie man sie nicht betreiben sollte.

Hallo, ich bin Clara. Ich interessiere mich für Nachhaltigkeit und bin Fan der Zero Waste Bewegung. Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit meinen Erfahrungen und Erlebnissen bei der Umstellung auf einen nachhaltigeren Alltag. Doch da gibt es etwas, was mich stört. Und das sind diejenigen, die anderen keine Chance geben, etwas zu verändern.

Da ich mich als Anfängerin bei den Themen Nachhaltigkeit und Müllvermeidung zähle, bin ich regelmäßig in verschiedenen Facebookgruppen und auf Instagram aktiv, um mir Inspirationen und Ideen zu holen. Es wäre auch alles super, wären da nicht Szenarios wie diese:


Eine junge Frau möchte mit dem Flugzeug verreisen und fragt in einer Zero-Waste-Gruppe, wie sie ihr festes Shampoo, ihre Seife und ihren Rasierhobel am besten transportieren kann. Doch statt Antworten bekommt sie Kritik – und was für welche. Von „Jemand der fliegt, hat in dieser Gruppe nichts verloren“ – „Du kennst aber schon die Ökobilanz von Flugzeugen?“ – über „Was bringt dir feste Seife, wenn du mit dem Flugzeug eh die Umwelt verpestest?“

Ein Fernsehformat zeigt in einer kurzen Reportage, wie man „Zero Waste“ auf Festivals sein kann. Mit – meiner Meinung nach – schönen Ideen und Tricks. Doch viele Leute sind anderer Meinung und geben Kommentare finden wie: „Als ob das Zelt nicht aus Plastik wäre“, „Die Nudeln sicherlich schön aus der Verpackung genommen, nur damit es unverpackt aussieht“, und „Als ob das realistisch wäre!“

In einer anderen Facebookgruppe teilt jemand ein Foto seines Einkaufs. Stolz berichtet die Person, dass sie ihren Fleischkonsum reduzieren und daher Fleichersatzprodukte probieren möchte. Unter anderem sieht man auf dem Foto Fleischersatzprodukte eines bekannten Fleischherstellers. Die Kommentare explodieren: „Mit dem Einkauf unterstützt du die Fleischproduzenten so oder so“ – „Das ist aber nicht wirklich plastikfrei …“, „In Ersatzprodukten steckt so viel Mist!“, „Mit Palmöl? Würde ich nie kaufen!


Doch auch außerhalb von sozialen Medien muss man viel Kritik einstecken. Ich kenne es aus meinem eigenen Freundes- und Familienkreis. Oft wurde ich schon als „Öko“ bezeichnet oder meine selbstgemachten Dinge (Putzmittel, Mundwasser, Waschmittel) wurden belächelt und es wurde gefragt: „Und das bringt was?“ Oder wie oft dann andere Dinge an mir kritisiert wurden: „Na ja, aber das Verschicken deines Rasierhobels produziert sicher auch viel Müll und Abgas“, „Willst du jetzt nie wieder in den Urlaub fliegen?“, „Wie du trinkst Mandelmilch? Weißt du eigentlich, wie wie viel Wasser dafür verbraucht wird?“ – hört auf! Hört bitte endlich auf damit, andere zu kritisieren und runter zu machen, nur weil sie nicht 100% perfekt sind. Niemand wird zu 100% perfekt nachhaltig leben können – es sei denn, man wohnt unter einem Stein im Wald. Nackt. Und isst Wurzeln. Aber selbst daran hätte sicher immer noch jemand etwas auszusetzen.

Wir sind nicht perfekt. Aber wir probieren es wenigstens und wir scheitern dabei auch. Können wir uns also nicht gegenseitig unterstützen, statt uns zu streiten, was oder wer nun perfekt nachhaltig lebt? Niemand sagt etwas gegen Hinweise oder Tipps, aber bitte bleibt dabei freundlich und sachlich. Wir machen dieses ganze „Ökokram“ sicherlich nicht, um anderen ein schlechtes Gewissen zu machen. Also hört auf mit den Augen zu rollen, wenn wir unseren Jutebeutel raus holen. Und liebe Zero-Wastler, hört auf die Augenbrauen hoch zu ziehen, wenn wir doch mal auf die Schnelle eine Plastikflasche kaufen müssen. Denn ja, ich werde noch Plastik kaufen. Und ich werde auch sicherlich in meinem Leben nochmal in ein Flugzeug steigen. Und Käse essen. Und Fast Fashion besitzen. Aber die Hauptsache ist doch, dass Alternativen öfter unsere erste Wahl sind und dass wir Bewusstsein schaffen für diese nachhaltigeren Alternativen.

Niemand ist besser oder schlechter als andere. Und niemand hat gesagt, dass man perfekt sein muss, um etwas zu verändern. Man muss einfach nur anfangen. Und gegenseitige Unterstützung hilft dabei mehr als ständige Kritik.

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